Pastor Roy schreibt:
„Wie geplant, konnten wir mit den angesparten Spenden sechs neue Klassenräume fertigstellen und in Betrieb nehmen (siehe Foto). Die Baustelle wird langsam zurückgebaut. Schüler, Eltern, Lehrer und wir alle sind froh, dass alles schön geworden ist und fast pünktlich alles gepasst hat. Wir sagen allen Helfern unseren Dank.
In ganz Haiti sitzen alle Menschen seit Montag (16.09.2019) zu Hause fest und viele Strassen sind gesperrt. Unsere Schüler laufen vier bis sechs Kilometer, um die Schule in dieser Woche trotz Regen zu erreichen. Zwei Lehrer helfen uns, in dem sie die ganze Woche in der Schule bleiben, auch zum schlafen.
Die Bevölkerung reklamiert und protestiert seit über einem Jahr, dass die Regierung und der Präsident wegen Korruption zurücktreten und vor Gericht gestellt werden sollen. Die Regierung gibt Bestechungsgeld an Parlamentarier, kauft Waffen für Banditen und hat kein Geld für Bildung, Gesundheit, Polizei und Erdöl. Eine Erdölkrise lässt das Land seit zehn Tagen ohne Transport und Strom. Die Menschen sind deshalb völlig aufgebracht.
Haiti ist in einer schwierigen Lage, mehr als ich dachte. Nichts funktioniert richtig. Barrikaden auf den Straßen legen alles lahm. Sogar die Wege auf den Bananenplantagen und Feldern sind gesperrt. Die Menschen wollen alles stoppen, damit der Präsident zurücktritt und sich wegen Korruption vor Gericht verantworten soll.
Das Schulzentrum Johannes Paul II. ist eine von wenigen Schulen, die noch versucht weiter zu arbeiten. Unglaublich aber wahr: Wir freuen uns sogar darüber, dass 70% der Schüler und 40% der Lehrer weiter am Schulleben und Unterricht teilnehmen. Viele sagen, dass es ihnen gefährlich ist, zur Schule zu kommen.
Wir sind sehr zufrieden mit der Anpflanzung von Mais und Bohnen, zum einen für das Vieh und zum anderen für die Küche in der Schule. Wir hatten einige Mehrkosten für den Transport zum Landstück, damit wir dort öfter arbeiten konnten, um mit mehr Personal Unkraut zu pflücken usw. Aber alles läuft gut mit dem Ausbau vor Ort auf dem Landstück, trotz leichter Verspätung.
Der Bau der Ställe hat bereits drei Wochen Verspätung. Einige Arbeiter kommen einen Tag und den anderen nicht, weil es keinen Bus oder anderen Transport gibt. Wenn die Verzögerungen erheblich sind, werden wir dies mit Zeitungsausschnitten über die Lage in Haiti erklären können. Aber wir gehen davon aus, dass bis zum bis Ende des Jahres alles in Betrieb ist.“
Jacmel, 1. Oktober 2019
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Bericht von der Tagesschau:
Vor Parlament in Haiti Senator schießt zwei Menschen an
In der Regierungskrise in Haiti liegen die Nerven blank: Bei einer Konfrontation mit Demonstranten hat ein Senator der Regierungspartei um sich geschossen. Zwei Menschen wurden vor dem Parlament in Port-au-Prince verletzt.
Bei einer Konfrontation mit Demonstranten in Haiti hat ein Senator der Regierungspartei in der Hauptstadt Port-au-Prince das Feuer eröffnet und dabei zwei Menschen verletzt. Unter den Verletzten ist ein Fotograf der Nachrichtenagentur AP, der bei dem Vorfall offenbar von dem Splitter einer Kugel in den Kiefer getroffen wurde, wie AP berichtete. Ein Sicherheitsmann des Senats erlitt zudem eine Schusswunde am Bauch.
Der Senator Jean-Marie Ralph Féthière erklärte, Demonstranten seien in das Parlamentsgebäude gestürmt, woraufhin er sich habe verteidigen wollen. "Legitime Selbstverteidigung ist ein heiliges Recht", sagte er.
Demonstrationen vor dem Parlament in in Port-au-Prince
Demonstration gegen Regierungschef Michel
Die Demonstrationen vor dem Parlament richteten sich gegen eine Abstimmung, bei der der im Juli zum Regierungschef ernannte Fritz William Michel und sein Kabinett im Amt hätten bestätigt werden sollen. Nach dem Vorfall wurde die parlamentarische Sitzung bis auf weiteres verschoben.
Haitis Präsident Jovenel Moïse sagte seine geplante Teilnahme an der UN-Generaldebatte in New York ab. Bereits am Sonntag hatte er erklärt, dass seine Teilnahme an der Vollversammlung von der erfolgreichen Amtseinführung der Regierung abhänge.
Tagesschau, 24.09.2019