Im Ortsteil Vila de Cava in Nova Iguaçu im Bundesstaat Rio de Janeiro ereignete sich folgende unfassbare Geschichte. Eine junge Frau, bei der der Geburtsvorgang bereits begonnen hatte, kommt noch rechtzeitig in die Notfallaufnahme. Dort angekommen ist kein Arzt vor Ort und der Krankenwagen gerade zu einem anderen Notfall gerufen worden. Es ist keine Zeit mehr und die Mutter der jungen Frau begleitet ihre Tochter in die nächste Polizeistation, damit diese mit einem Fahrzeug schnell gemeinsam das nächstgelegene Krankenhaus aufsuchen können. Dann ist es aber schon soweit und die junge Frau bekommt ihr Baby auf einer Sitzbank auf einem öffentlichen Stadtplatz. Schaulustige sind schockiert und eine Frau filmt die Geschehnisse mit ihrem Handy. Zum Glück kommt gerade eine Krankenschwester vorbei und versorgt Mutter und Baby notdürftig, beide sind noch mit der Nabelschnur verbunden und werden unter Mithilfe von Passanten in das Polizeiauto getragen. So kommt sie dann ins Krankenhaus, in dem dann endlich alles Notwendige getan wird. Baby und Mutter haben trotz der Widrigkeit alles gut überstanden und sind danach wohlauf.
Das Video erscheint kurz darauf im Internet und ein Fernsehsender sendet sensationsgeladen diese Bilder am Folgetag. – Die junge Mutter, Luciana ist nach ihren Angaben 23 Jahre alt und bekam nun ihr drittes Kind. Gemeinsam mit Guilherme, Rechtsanwalt im Menschenrechtszentrum von Nova Iguaçu haben wir Luciana am Mittwoch (19.10.) aufgesucht in einer Favela, die einen schlechten Ruf hat, weil sich Drogenbanden bekämpfen. Die Familie von Luciana hatte schon im Vorjahr das Menschenrechtszentrum aufgesucht und um rechtlichen Beistand gebeten, da die 17-jährige behinderte Schwester von Luciana wegen zunächst Fehlbehandlungen und später fehlender Hilfeleistung in einem anderen Krankenhaus verstorben war. Der Prozess gegen das städtische Krankenhaus läuft noch.
Lucianas Sorge ist eigentlich mehr, dass das entstandene Video wieder aus dem Internet verschwindet. Wir haben versucht zu erklären, wie wichtig es ist, auch die zuständige Stadtverwaltung zu verklagen, die nicht für eine angemessene Ausstattung der Gesundheitsnothilfe-Stationen (UPA) sorgt. Im Fernsehbericht wird der Bürgermeister heftig angegriffen und verantwortlich gemacht für dieses Drama, das Luciana erleben musste. Deshalb ist die Anzeige gegen die Verantwortlichen so wichtig, damit sich solche schlimmen Vorfälle nicht wiederholen.
Früh morgens am Donnerstag (20.10.) bin ich noch einmal mit der Vorsitzenden des Menschenrechtszentrums, Schwester Yolanda Florentino dorthin zurückgefahren. Wir konnten uns im Gespräch darauf verständigen, dass sich Luciana in der kommenden Woche, zusammen mit ihrer Mutter, Dona Fátima, in der Sprechstunde der Rechtsabteilung des Menschenrechtszentrums über das weitere Vorgehen informiert. – Ohne diese kostenlose Rechtshilfe, die maßgeblich vom Aktionskreis Pater Beda und dem Kindermissionswerk unterstützt und finanziert wird, hätten die Armen nie eine Chance, zu ihrem Recht zu kommen.
Am Wochenende fand das Treffen der drei Partnerprojekte des Aktionskreises Pater Beda in Campo Formoso statt, ACRA, CARIAM und LiderAçao. Hierbei wurden die verschiedenen Aktivitäten vorgestellt, die diese Projekte umsetzen. Hier einige Fotos von den verschiedenen Veranstaltungen. Udo Lohoff vom Aktionskreis Pater Beda konnte sich von den herausragenden Aktivitäten insbesondere mit den Kinder und Jugendlichen von Campo Formoso überzeugen und gleichzeitig war es mal wieder eine wichtige Aktion des Netzwerkes SoliVida. Pater Roy begleitet Udo auf der Reise und gestaltete in der großen Stadtkirche den Fest-Gottesdienst zum Weltmissionssonntag. Die Fotos wurden von Roseana gemacht und zusammengestellt, mit Unterstützung von Andressa, die beide für das Netzwerk arbeiten.
Unterwegs mit Schwester Denise und Schwester Graça vom Kinder- und Jugendförderprojekt „Turma do Flau“ in Recife besuchen wir einige der Kinder, die im Projekt gefördert werden in ihrem Zuhause. Die unwürdigen Lebensverhältnisse der Kinder und ihrer Familien machen betroffen. Hier leben Fischerfamilien, die ihren Lebensunterhalt über die Verarbeitung und den Verkauf von Miesmuscheln bestreiten müssen. Die Erträge gehen durch die Umweltzerstörung und die verschmutzten Flüsse stark zurück, was die Familien zunehmend in den Teufelskreis von Armut und Elend herabzieht. Das Projekt Turma do Flau ermöglicht der ersten Generation von Kindern, aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Den jungen Menschen wird vermittelt, dass sie gleichwertige Bürger mit den dazugehörigen Rechten und Pflichten sind. Über die Aktivitäten und die Bildung im Projekt spüren sie tagtäglich die Kraft zur Veränderung ihres eigenen Lebens. Im Gespräch mit Schwester Denise bedankt sich Dona Vera für die Chancen und Möglichkeiten, die ihren Kindern bei der „Turma do Flau“ zu Gute kommen.