Stellungnahme
Aktionskreis Pater Beda für Entwicklungsarbeit e.V.
zur Diskussion MdB Johannes Röring gegen „falsche Philosophie in der Entwicklungspolitik und in den Hilfswerken“, u.a. auch Misereor.
Viele Eine-Welt-Gruppen, „Mission-Entwicklung-Frieden“--Ausschüsse in den Gemeinden, Aktive aus Weltläden und Aktionsgruppen, insbesondere aus dem westlichen Münsterland waren genauso erstaunt
und erschrocken wie der Aktionskreis Pater Beda im Kloster Bardel über die Pressemeldungen und Aussagen von Herrn Röring, Mitglied des deutschen Bundestages, nach einer Afrikareise, die er in
einem Interview mit der Katholischen Nachrichten Agentur verbreitet hat. Anlass war eine Afrikareise gemeinsam mit einer parteiüber-greifenden Parlamentarierdelegation im Herbst 2010 nach Kenia,
Uganda und Äthiopien.
Vorab baten wir Herrn Röring zu einem persönlichen Gespräch, zu dem es nun am Sonntag, den 28. November 2010 auf dem Hof der Familie Röring in Vreden-Ellewick kam. Neben Pater
Beda waren der Geschäftsführer vom Aktionskreis Pater Beda, Herr Udo Lohoff, der Vredener Eine-Welt-Aktivist Herr Walter Gehling, das Vorstandsmitglied im Aktionskreis Pater Beda, Herr
Franz-Josef Verst aus Gronau-Epe und Herr Josef Schauerte vom Aktionskreis Pater Beda in Stadtlohn am Gespräch beteiligt.
Nach einer Vorstellungsrunde stellte Pater Beda die langjährige Arbeit des Aktionskreises innerhalb der entwicklungspolitischen Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland dar, sowie die umfangreiche
Förderarbeit von Pastoral- und Sozialprojekten im Nordosten Brasiliens, insbesondere im Hinblick auf die ländliche Entwicklung. Sodann widersprach Walter Gehling vielen Aussagen von Herrn Röring
aus dem Interview und belegte seine Erläuterungen mit Zahlen von international anerkannten Instituten (u.a. FIAN). Hierbei ging es vor allem um die Wirklichkeit der Arbeitssituation und der
ökologischen Folgen in der ostafrikanischen Blumenindustrie für den Export nach Europa. Z.B. dass der Anbau von Rosen für den Export einen enormen Grundwasserverbrauch zur Folge hat, der den
Feldfruchtertrag der Kleinbauern sehr stark einschränkt und dass die dort stark überhöht eingesetzten Dünger und Pflanzenschutzmittel, die ungeklärt in See und Grundwasser gelangen, zur Gefahr
für Menschen und Tiere werden.
Pater Beda hatte ausführlich mit einer Vielzahl von Dias
die Arbeit der kirchlichen Landpastoral aufgezeigt und auf die Bedeutung von Bildungsmaßnahmen hingewiesen, die mit dieser Förderung unbedingt zeitgleich einsetzen müssen. Herr Röring war von den
Beispielen der konkreten Arbeit zur Förderung von Kleinbauern in Nordost-Brasilien beeindruckt und auch völlig einig, dass es weltweit insgesamt noch viel zu wenig solcher Ansätze gibt.
Überall dort, wo der Kleinbauer auf seinem Grund und Boden (Kampf um Land) befähigt wird, mehr aus seinen Böden herauszuholen (Bildung auf dem Land) wird er immer mehr zu einem Unternehmer auf
dem Land. Dies ist ein Prozess. Von Aussen wird es niemals eine Entwicklung geben, sondern nur von den Menschen vor Ort, die dies verstehen und selbst umsetzen müssen. Und da sind Hilfswerke,
insbesondere Misereor, ganz nah bei den Menschen vor Ort, sei es in Asien, Lateinamerika oder auch in Afrika. Die Rahmenbedingungen in jedem einzelnen Land müssen von „oben“ gegeben werden, ohne
Zweifel, aber nachhaltige Veränderungen in den armen Ländern gibt es nur in Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort und das auf Augenhöhe. Das scheint uns auch grundsätzlich der richtige Weg für
eine nachhaltige Entwicklung zu sein. Wir sind ja sehr froh, dass auch die Ansätze des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) diesen Aspekt im letzten
Jahrzehnt immer deutlicher in den Vordergrund gestellt hat.
Konkrete Beispiele, wie Herr Röring zur Einschätzung gekommen ist, dass auch Misereor und andere Hilfsorganisationen und dessen Partner einseitig technischen Fortschritt ablehnen, sind aus dem
Interview und auch nach dem Gespräch nicht deutlich geworden. Und auch wie genau die „völlig verfehlte Landwirtschafts- und Entwicklungshilfepolitik“ konkret aussieht, haben wir nicht erfahren.
Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass das ganze Thema natürlich sehr viel komplexer ist, als es zunächst erscheint. Mit einer Afrikareise, einigen Fachgesprächen in Ausschüssen, bei der EU
und bei der Welternährungsorganisation (FAO) allein ist es nicht getan. Darüber hinaus stellt Herr Röring sehr stark technische Lösungen für die Armuts- und Hungerbekämpfung in den Vordergrund.
Themen wie Veredlung von Getreide für die Fleischproduktion oder die Gier nach Biosprit durch Nutzung von Ackerland und die dadurch verursachten Kostensteigerungen von Grundnahrungsmitteln sind
nicht angesprochen worden, sind aber von ebenso großer Bedeutung für eine ehrliche Armuts- und Hungerbekämpfung. Die ideologischen Schuldzuweisungen, von denen das Interview geprägt ist, sind da
wenig hilfreich. Welche der Hilfsorganisationen wirklich neues Saatgut ablehnt und keinen Mineraldünger einzusetzen bereit ist, blieb unklar.
Wir haben Herrn Röring nach Brasilien eingeladen, damit er sich dort ein Bild machen kann, wie auch bei Kleinbauern technischer Fortschritt und wirtschaftliches Wachstum im Nahrungsmittelbereich
aussehen kann.
Pater Beda, ofm – Udo Lohoff, 30.11.2010
Aktionskreis Pater Beda für Entwicklungsarbeit e.V.
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