Mehr als sechs Stunden dauert die Fahrt von Belém nach São Sebastião da Boa Vista auf der Insel Marajó. Mit unserer Überfahrt wird uns klar, was Schwester Marie Henriqueta Cavalcante meint, wenn sie von den großen Herausforderungen der aufsuchenden Sozialarbeit spricht. Wir treffen die Sozialarbeiterin Francinha, die uns zu Familienbesuchen mitnimmt.
Teile der Insel Marajó haben bereits eine gute Infrastruktur inkl. Tourismus. Andere Orte wie São Sebastião und Breves sind weitgehend abgeschnitten.
Viele Menschen leben am und mit dem Flussufer. Sie leben vom Fischfang, der auf Grund von Umweltproblemen mit jedem Jahr spärlicher ausfällt und betreiben Landwirtschaft. Obwohl ihr Haus am Fluss steht, fehlt sauberes Wasser.
Die Menschen wohnen in kleinen Gemeinden, die nur über ausgeklügelte Brückensystem oder per Boot zu erreichen sind.
Für die Menschen in den Flussgemeinden ist der Zugang zu Bildung, Beratung, medizinischer Versorgung und anderen grundlegenden Dienstleistungen nur unter erschwerten Bedingungen möglich.
"Deshalb ist unsere Arbeit hier so wichtig. Wir besuchen, gerade wegen der schwierigen Umstände, die Familien präventiv. Wir klären auf, stehen als Ansprechpersonen zur Verfügung", erklärt Francinha.
Henriqueta ergänzt: "Das drängende Problem ist Nahrungsunsicherheit. Zusammen mit der Abgeschiedenheit kann das zu sexueller und häuslicher Gewalt, sexueller Ausbeutung und Menschenhandel führen.
Insbesondere Frauen und Mädchen sind gefährdet, in ausbeuterische Situationen gedrängt zu werden. Durch die Isolation und den Mangel an Aufklärung sind sie nicht ausreichend über ihre Rechte informiert. Betroffenen fehlt das Wissen um Unterstützung und rechtliche Ressourcen."
Zur sozialen Arbeit gehört die Förderung von kulturellen und künstlerischen Vereinen, besonders für Kinder, Jugendliche und Senior:innen.
Wir erleben zwei Gruppen, die Tänze aufführen. Die Stücke erzählen vom Leben mit der Natur und von Spiritualität. Wir spüren, wie viel Selbstbewusstsein sie dadurch gewinnen.
Henriqueta vernetzt verschiedene Hilfesysteme, bildet Sozialarbeitende weiter und hat uns mit ihrer Begeisterung für die Insel Marajó auf jeden Fall angesteckt!
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