Das hat uns Antonio Cleides schon bei unserem Projektbesuch bei der CPT, die sich für die Landlosen einsetzt, gefragt. Die Frage lässt sich am kürzesten mit: “Es war alles“, beantworten.
Text: Dorothee Render-Stennecken (2.v.l.)
Es war ein großes Abenteuer, ein intensives und persönlich bereicherndes Erlebnis. Vieles war sehenswert und sehenswürdig:
In Rio de Janeiro der Strand und das Meer an der Copacabana, das Maracanã-Stadion,
die Kathedrale Sao Sebastião, deren Silhouette sich in den gegenüberliegenden Hochhäusern spiegelte, der Blick auf den Zuckerhut und schließlich die Auffahrt zum Christo, der -passend zur derzeitigen politischen Situation- in der Dunkelheit in Nebel eingehüllt war und einen dennoch, auch in diesem Zustand, in Staunen versetzte.
Beeindruckend war auch der Ausblick aus Marcos Xenofontes Haus, in einem Landstrich wo Fuchs und Dachs sich Gute Nacht sagen: in unendlicher Weite Hügel, Seen, Täler in sattem Grün , durchsetzt von unzähligen, farbenprächtigen, exotischen Pflanzen.
In guter Erinnerung bleibt auch das kleine Strandhotel „Pousada Belo Mar“ bei Joao Pessoa. Familiäre Atmosphäre, ein reichhaltiges Frühstücksbuffet und Badevergnügen im direkt gegenüberliegenden Atlantik erhielten wir “all inclusive“.
Vieles war auch fast nicht, weil menschenunwürdig, mitanzusehen:
Die Situation der weiblichen und männlichen Insassen im überfüllten Gefängnis von Crato; die unzähligen Favelas mit ihren lebensunwerten Wohnverhältnissen, die sich ein Tourist, wenn möglich, lieber erst gar nicht ansieht und nicht zuletzt die vielen sich nach menschlicher Nähe sehnenden und nach ein wenig Beachtung lechzenden Kinder.
Die Außentemperatur war meist heiß bis unerträglich heiß und dann nur noch im Schatten einigermaßen auszuhalten. Dafür kam uns aber für unsere „Innentemperatur“ eine Riesenwelle an menschlicher Wärme und ein extrem hohes Maß an Gastfreundschaft entgegen. Wann immer es nötig war, war jemand da zum Zuhören, Trösten, zum Gedankenaustausch, zum Lachen, Weinen und Umarmen und zum Beten.
Zum Zuhören und -sehen gab es in den vorgestellten Projekten oder auch am Abend in den Privathäusern der Projektleitungen immer wieder musikalische Darbietungen, Gesang mit Bandbegleitung, den Volkstanz „Ciranda“ auch gemeinsam mit uns, folkloristische Darbietungen, Theatervorführungen, Capoeira, Ballett uvm.
Es war oft berührend, vieles bedrückend, manches fast unerträglich, kaum auszuhalten.
All das wurde wettgemacht durch die vorbildhafte Lebensfreude der Menschen, die in ihrem unerschütterlichen Glauben an Gottes ausgleichende Gerechtigkeit immer wieder versuchen positiv zu leben. Ein Brasilianer aus einem der Projekte sagte dazu einmal: “Gott ist gerecht. Alles, was wir hier haben, habt ihr nicht und umgekehrt. Unser Brasilien ist ein armes, reiches Land.“ Davon wurden auch wir wirklich überzeugt. In jedem Falle erlebten wir einen unerschöpflichen Reichtum an Herzenswärme, Lebensfreude, menschlicher Nähe und die unendliche Schönheit in der Natur. All diese Qualitäten gehören in deutschen Landen wohl eher zur Mangelware.
Es war eine lange W E I L E - aber nie langweilig. Es war ein Stück intensive Lebenserfahrung, eine unvergessliche Reise.
Dank Pater Beda und seinen deutschen und brasilianischen Nachfolgern, wurde uns diese Erfahrung ermöglicht.
Vielleicht lernen wir nur so, oder so am besten, die Welt und das Wesentliche mit anderen Augen zu sehen um täglich sagen zu können: “Mir geht es gut, ich bin zufrieden.“
Text: Dorothee Render-Stennecken
Nachklang:
Ich bin in meinem bisherigen Leben noch nie von so vielen Menschen so herzlich umarmt worden wie in diesen 16 Tagen!
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Martina (Montag, 06 Mai 2019 22:47)
Genauso war es! Super ausgedrückt! Danke!
Steffi (Montag, 06 Mai 2019 23:47)
Es trifft den Nagel auf den Kopf! Vielen Dank für die so treffende Zusammenfassung..."Brasilien bittersüß"...hab ich gelesen vor der Reise...jetzt habe ich verstanden, was gemeint ist und was soll ich sagen ..." I fell in Love "...��� freu mich heute schon auf ein Wiedersehen!
Stefan (Montag, 06 Mai 2019 23:51)
Danke für die Zusammenfassung! Kann man allen geben, die fragen, „wie es war“ :-)
Luciano Sales (Dienstag, 07 Mai 2019 11:11)
Es ist wunderbar, als Brasilianer in Deutschland, zu sehen, wie die Menschen in Brasilien unabhängig von der Nationalität dort herzlich empfangen werden. Es ist auch schön zu fühlen, dass die Menschen in Deutschland ein großes Herz haben. Wegen der Unterstützung von der Aktionskreis Pater Beda, Schwester Aurieta, Udo Lohoff und den deutschen Freunden, lebe ich seit 20 Jahre in Deutschland und kenne keinen Hunger mehr. Heute bin ich 41 Jahre alt, habe Romanistik studiert und arbeite bei Brasilien Zentrum der Universität Münster. Ich habe es geschafft. Danke amigos e amigas der Aktionskreis Pater Beda.
Monika Schmiemann-Witsken (Dienstag, 07 Mai 2019 18:26)
Danke, Dorothee, besser hätte man es kaum zusammenfassen können.
Auch ich werde deinen Beitrag anderen empfehlen.
Birgit Püthe (Dienstag, 07 Mai 2019 23:27)
Schön, dass jemand die Erfahrungen einer solchen Reise in die richtigen Worte fassen kann. Nach unseren Aufenthalten in Brasilien und den Besuchen in den Projekten habe ich auf dem Rückflug gedacht: Was sagst du der Familie, den Freunden, der Gemeinde, wenn sie dich fragen wie es war. Und ich hatte das Gefühl, ich könne niemals beschreiben, was ich erlebt, erfahren und gefühlt hatte. Es dauerte nach der Heimkehr eine Weile, bis ich selbst alles erfasst hatte, was mir (und was mit mir) auf der Reise "passiert" war. Und ja, es war genau so, wie es hier beschrieben ist. Eine Erfahrung, für die ich sehr dankbar bin und die mich unendlich reich gemacht hat. Danke für die treffende Zusammenfassung!