Nach einer kurzen Einführung ins Thema durch Udo Lohoff vom Aktionskreis Pater Beda und der Darstellung der Zahlen und Fakten zu den letzten brasilianischen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Brasilien vom Oktober 2018 berichtete der ehemalige Justizminister Jose Eduardo Cardozo über den Amtsantritt des Rechtspopulisten Bolsonaro.
In einer umfassenden Analyse arbeitete der Jurist heraus, was zu den erschreckenden politischen Entwicklungen der vergangenen Jahre geführt hat. Dabei setzte er Brasilien in das Weltgeschehen und
die internationalen Interessen um den aufsteigenden Staat und betrachtete auch die innerbrasilianischen Bedingungen, die die Bevölkerung unzufrieden gemacht und immer weiter gespalten hat.
Der rasche Aufstieg von Menschen aus armen Verhältnissen in die brasilianische Mittelschicht und die damit wachsenden Bedürfnisse in den Bereichen Bildung, Telekomunikation und Mobilität konnten
nicht in der Schnelligkeit aufgefangen und erfüllt werden. So fürchteten die Bürger der Mittelschicht einen Abstieg, während diejenigen, die aus der Armut heraustraten ihre Wünsche und
Bedürfnisse nicht erfüllen konnte. Eine Unzufriedenheit die sich vor allem im Jahr 2013 in zahlreichen Protesten wiederspiegelte. Verschiedene politische Gruppierungen nahmen die Unzufriedenheit
der Bevölkerung auf und begannen bereits im Wahlkampf 2014 gegen die Arbeiterpartei des ehemaligen Präsidenten Lula und der ehemaligen Präsidentin Dilma zu arbeiten. Bereits hier fielen
Korruptionsvorwürfe, die zwei Jahre später aufgegriffen wurden und schließlich die Amtsenthebung der Präsidentin herbeiführten.
In einem nahezu grotesken Spiel gelangten extrem konservative und neoliberale Kräfte an die Macht, die die Errungenschaften der Politik der vergangenen Jahre zu Nichte machen und in Brasilien
Demokratie, Gesellschaft, Ressourcen und letztlich jeden einzelnen Bürger und jede einzelne Bürgerin bedrohen: massive Kürzungen in den Bereichen Bildung und Gesundheit, Einschränkung der
Pressefreiheit, Austreten aus dem Klimaabkommen, Freigabe der Ressourcen und eine massive Lockerung des Waffengesetztes. Es entstehen Eindrücke, die ein Klima von Selbstjustiz befürworten zu
scheinen und gleichzeitig Hetze gegen Minderheiten betreiben. Eine Mischung, die für Menschen, die die Demokratie befürworten und sich aktiv für Menschenrechte einsetzen gefährlich werden kann.
Die Veranstaltung fand auf Einladung des deutsch-brasilianischem Interessenvereins "IBA e.V." in Münster, des Aktionskreises Pater Beda und des Aktionskreis Teresina St. Ludwig, Ibbenbüren statt.
Text: Theresa Rottmann, Münster
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