Heute die Ilha de Deus (Insel Gottes) in Recife zu besuchen ist eine reine Freude. Die Bauphase ist zu 85% abgeschlossen. Das Partnerprojekt "Escola Saber Viver" (zu Leben wissen) ist verantwortlich für die Kinder- und Jugendförderung auf der Insel, aber auch für den Kindergarten, der noch gebaut wird und im Projektgebäude entsteht eine professionelle Bäckerei mit Produktion für die insel und Geschäfte in der Stadt, sowie ständigen Ausbildungsplätzen. Fünf Jahre lang hat sich die Landesregierung verpflichtet junge Menschen in den Berufen zum Bäcker, Konditor, Verwaltungs- und Büroangestellte finanziell zu fördern, damit später durch das geschäft mit Brot- und Backwaren der Betrieb unabhängig laufen kann. Alles läuft in kooperation mit der städtischen Bäckerinnung.
Desweiteren hat die Landesregierung eine Ruderschule mit Produktionsbereich von Glasfaser-Ruderbooten eingerichtet, die in kürze seiner Bestimmung übergeben wird. Ebenso wie die Schule "Saber Viver", die in Kürze eingeweiht wird. Noch sind die Räume leer, aber bald schon wird alles mit Leben gefüllt. Alles was auf der Insel heute gestaltet wird ist durch den Einsatz und die gute Organisation der Leute vom Partnerprojekt möglich geworden. Vor allem die Frauen setzen sich sehr für das Gemeinwohl ein. Bald können wir Fotos machen, wenn der Betrieb läuft. Hinzu kommt ein Fußballplatz. Einer der wichtigsten Präventivmassnahmen, damit die jungen Leute nicht in Drogen, Prostitution und Ausweglosigkeit abrutschen sind die Fuballvereine für Jungen und Mädchen. Sie wurden schon ausgezeichnet im Programm: "Gut in der Schule, gut am Ball - und alle gegen Crack". Crack, die schlimme Droge, die in Brasilien scheinbar eine ganze Generation von jungen Leuten im Griff hat und an nichts anderes mehr denken läßt. Deshalb sind diese Förderprojekte mit ihren Angeboten für junge Menschen so wichtig.
Ganz in der Näher der "Turma do Flau" in Recife wurde eines der größten Shoppingcenter Brasiliens vor einem Jahr eröffnet. Shopping der Superlative. Gebaut auf einer Fläche von 250.000 m2 mit 410 Geschäften auf 3 Stockwerken und einem Kino mit 12 Sälen und einem Theater mit 700 Plätzen.
Das absolute Kontrastprogramm zu den vielen Eindrücken von Verelendung und Perspektivlosigkeit, die es trotz des "Wirtschaftsaufschwungs" noch zu genüge gibt. Dort treffen wir auch Rose und weitere 8 junge Frauen, die lange Jahre im Projekt gefördert wurden und die heute in den Boutiquen und Geschäften arbeiten. Das ist natürlich ein großer Erfolg für sie, denn alle kommen aus einer Lebenswirklichkeit, die geprägt ist von Gewalt, Machismus und Vernachlässigung. Erst durch das Projekt und die langjährige Zuwendung durch Schwester Aurieta und ihre Mitarbeiter fanden sie einen Weg raus aus dem Elend.
Vanessa, die bereits in Deutschland tanzte arbeitet 44 Std. die Woche an 6 Tagen in einem edlen Markengeschäft für Design-Damenschuhe, Design-Damentaschen usw. Dort verdient sie einen Mindestlohn von etwas mehr als 200 Euro und kann einen Zuschlag erhalten in der gleichen Höhe, wenn sie das monatliche Verkaufsziel von umgerechnet 11.000 € (pro Verkäuferin) erreicht. Im September hat sie nur 8.500 € geschafft und bekommt deshalb nur 35 € hinzu. Jetzt soll die Arbeitszeit sogar noch auf täglich 10 Std. bei gleichem Lohn erhöht werden, sechs Tage die Woche. Die meisten Kunden sind Damen aus der feinen Gesellschaft und Vanessa und ihre Kolleginnen werden geschult, wie man mit ihnen umzugehen hat, denn sie kaufen ja nicht selten mal einige "Teilchen" für zusammen 5.000 Euro. Nirgendwo kann man den Unterschied und die Ungerechtigkeit in der brasilianischen Gesellschaften stärker wahrnehmen.
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